Adoption - von Wurzeln und Identität
... und warum es nicht ausreicht, einen Menschen einfach genug zu lieben.
Dieser Artikel entspringt meinem persönlichen Erleben gestützt durch mein Wissen. Zeitgleich geht es hier um mein individuelles Empfinden.
Spüre gut in dich hinein, ob du einen Artikel zu diesem Thema zum jetzigen Zeitpunkt lesen möchtest. Er ist aus meiner Sicht achtsam geschrieben und dennoch kann er dich natürlich sehr berühren.
Als Kind, das im Alter von knapp 2 Jahren aus seiner Ursprungsfamilie heraus genommen wurde, um in einer neuen Familie aufgenommen zu werden, empfand ich so etwas wie ein schwarzes Loch in mir. Wie viel Liebe auch in mich hineingegeben wurde, mein frühes Erleben dieses massiven Verlustes hat den Boden des Fasses mit sich genommen. Denn vor der Annahme kam die Ablehnung. Diese Wunde bedurfte der Heilung.
Ich fühlte mich oft zerrissen in mir. Wo komme ich her? Wem sehe ich ähnlich? Was und wen trage ich in meiner DNA? Warum wurde ich weggegeben? Und immer wieder ein Lautes: "Sei dankbar und hör auf zu fragen! Das ist doch schon so lange her! Lass doch mal gut sein! Im Alten zu wühlen hat noch keinem geholfen!" So viele Stimmen im Außen die es gut meinten, die selbst sicherlich auch überfordert waren und mir nicht geben konnten, was ich gebraucht habe: Einen Raum für all meine Fragen und ein tiefes angenommen Sein mit all meinen Empfindungen.
Von einem Tag auf den anderen war alles anders. Und ja: Rational betrachtet war das mein Glück; eine 2. Chance nach einem sehr schwierigen Start in dieses Leben. Dafür bin ich zutiefst dankbar.
Dankbar für alle 4 Menschen. 2 Menschen, die mir das Leben schenkten und 2 Menschen, die seit November 1981 meine Eltern sind.
Und zuallererst: Ich wollte nach Hause. Alles roch anders, klang anders, fühlte sich anders an, als ich es bis dahin kannte. Alles war so fremd, fühlte sich noch kein Stück nach zu Hause an und ich hatte Angst, war verwirrt und hatte keine Worte für mein Erleben. Ich habe gefühlt.
Selbstverständlich war mir das und alles zuvor auf einer Ebene tief bewusst, ist in meinen Zellen gespeichert. Die Annahme, Kinder in diesem Alter wüssten von solchen Erlebnissen nichts, ist grundlegend falsch. Alles, was wir erleben, wirkt auf uns; ob bewusst oder unbewusst. Ob wir dafür Worte haben oder auch nicht.
Was ich gebraucht habe damals, war eine traumasensible Begleitung in diesen Prozessen der Verarbeitung und des Ankommens in der neuen Familie.
Ich fühlte mich oft fremd in mir, fremd in meiner Familie. Ich fühlte mich entwurzelt. Wer bin ich in der Tiefe meines Seins?
Heute kommt das Wissen um vorgeburtliches Trauma ebenso wie transgenerationales Trauma und Trauma im Allgemeinen immer mehr bei den Menschen an - Und bitte immer: Differenziert betrachtet ohne Pauschalbewertungen! Was für den einen traumatisches Erleben mit Traumafolgen ist, muss dies für die andere noch lange nicht sein.
Es darf und muss damit weitergehen, denn das Wissen über Trauma, seine Entstehung, Weitergabe und wie wir damit heute in unserem Leben umgehen können, ist ein ganz wesentlicher Schlüssel hin zu einem friedlichen Miteinander und dem Gefühl des Friedens in uns selbst als Basis dafür.
Die Frage nach meinen Wurzeln, meinen Ahninnen und Ahnen ist immer wieder präsent. Heute fühle ich mich mit ihnen verbunden, jenseits von weltlichem Kennen und Wissen. Eben ein tiefes Gefühl der Verbundenheit in mir mit mir und durch mich mit ihnen.
Und meine Identität? Ich in meinem unversehrten Kern, meinem Sosein. Das ist mein Fundament.
In liebevoller Wertschätzung widme ich diesen Artikel den 4 Menschen, die Teil meiner Wurzeln sind.